Der wesentliche Trick der Behavioristen ist es, in einer künstlichen Laborsituation jeweils nur einen isolierten Reiz und eine richtige Reaktion zuzulassen.
Doch im wirklichen Leben gibt es immer gleichzeitig mehrere Reize und mehrere Reaktionsmöglichkeiten!
Die Verarbeitung eines Reizes beinhaltet normalerweise
- Discrimination z.B. kann die Mimose zwischen einer Berührung und einem Regentropfen unterscheiden
- Differentiation (ist der Reiz essentiell oder akzidentell) <=> (Signal <=> Rauschen) context dependence
- Interpretation
- Habituation – sensitization
- Anticipation – Erwartungshaltung – Lernerfahrung, Stimmung, Appetenz, Set …
Der natürliche Prozess des „Conditioning“, der „Konditionierung“ als Anpassung an die Umgebungsbedingungen, ist im wirklichen Leben also ein sehr komplexer!
Deshalb sind auch mehrere Wiederholungen notwendig, damit nicht zufällig gleichzeitig auftretende Reize und Reaktionen als kausal verknüpft angesehen werden.
Der Hund macht „sitz“ und bekommt ein Leckerli. Aber war es das Kommando, die Handbewegung, das Schulterzucken, das Augenzwinkern, das Zwitschern des Vogels … was dazu aufgefordert hat? Uns ist es klar, weil wir ja „sitz“ gesagt haben – aber dem Hund eben nicht beim ersten Mal.
Und im wirklichen Leben gibt es neben Leckerli soviel anderes, verlockendes. Eine Rehspur, eine läufige Hündin …
Zudem kann ein aversiver Reiz eine Kampf- oder Fluchtreaktion auslösen. Aber erst wenn eine gewisse Reizschwelle überschritten, die kritische Distanz unterschritten wird.
Reize können sich zudem addieren, wenn zwei oder mehr aversive, die einzeln nicht zu einer Katastrophenreaktion führen würden, gleichzeitig auftreten, und die Reizsumme die Reizschwelle überschreitet.
Ein objektiv harmloser, meist nicht zu identifizierender Reiz kann einen Flashback auslösen, eine Katastrophenreaktion mit vollkommenem Kontrollverlust und höchster Aggressivität, aufgrund eines ehemaligen Traumas.